Säure-Basen-Haushalt

Dez 30, 2018 | Allgemein

Statt sauer – lieber lustig!

Zum Jahresende noch geschlemmt und im Überfluss geschwelgt, wollen wir jetzt unserem Körper etwas Gutes tun. Kein Wunder, dass ich derzeit oft gefragt werde, was ich von den Empfehlungen der Säure-Basen-Kost halte.

Die einen sagen, es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Lebensmittel unseren Säuren-Basen-Haushalt ernsthaft durcheinanderbringen können. Andere sind gerade davon überzeugt und richten ihre Ernährung streng danach aus.

Was ist nun richtig? Wo stehe ich als Oecotrophologin und Ernährungsberaterin? Für mich liegt die Wahrheit, wie so oft, zwischen beiden Meinungen. Und das möchte ich gerne begründen.

Die Regulation des Säure-Basen-Haushalts ist lebenswichtig für unseren Körper

Alle Stoffwechselvorgänge in unserem Körper sind von bestimmten Umgebungsbedingungen abhängig, zu denen auch der pH-Wert gehört. Wir haben strenge Regulationsmechanismen, die den pH-Wert in Blut, Gewebe und Organen in feinen Grenzen halten (Blut-pH-Wert 7,35 – 7,44 leicht basisch).

In den meisten Sekreten und Organen ist der pH-Wert im neutralen bis leicht basischen Bereich. Ausgenommen der Magen – hier ist es extrem sauer, denn die Säure sorgt für eine optimale Verdauung von Protein und tötet unerwünschte Bakterien ab. Im weiteren Verdauungstrakt ist der pH-Wert wieder leicht basisch.

Einfluss der Ernährung auf den Säure-Basen-Haushalt

Säuren entstehen, wenn schwefelhaltige Proteine abgebaut werden – also hauptsächlich bei Fleisch, Wurst und Käse, geringfügiger bei Getreide, Hülsenfrüchten und Nüssen. Sie entstehen zudem beim Abbau phosphathaltiger Verbindungen, z. B. bei Cola, Schmelzkäse, Fleisch- und Wursterzeugnissen.

Basisch wirken hauptsächlich Verbindungen aus Mineralstoffen und organischen Säuren sowie Lebensmittel, die wenig Protein enthalten. Obst, Gemüse, Kartoffeln, Kräuter und Mineralwasser mit einem hohen Gehalt an Hydrogencarbonat sind daher basenbildend.

Lebensmittel, die organische Säuren enthalten, wie Milch-, Zitronen- oder Essigsäure (in Obst, Obstsäften, Essig, Sauermilchprodukten) werden vom Körper vollständig in Kohlendioxid und Wasser abgebaut. Das CO2 wird komplett über die Lunge abgeatmet. Diese flüchtigen Säuren beeinflussen den pH-Wert nicht – sie sind neutral.

Puffersysteme fangen Säuren ab

Säuren, die nicht ausschließlich abgeatmet werden können, müssen auf andere Weise neutralisiert werden. Dies geschieht über verschiedene sehr komplexe Systeme; wichtig ist, dass Niere, Leber, Darm und Bindegewebe mit eingebunden sind und die meisten Säuren über den Urin und zu geringeren Teilen über den Schweiß und den Darm eliminiert werden. Dabei bleibt nichts zurück. Ablagerungen gibt es nicht.

Haben wir z. B. eine Zeit lang zu viel Fleisch gegessen, kann der Körper dies durch seine Puffersysteme ausgleichen. Eine akute metabolische Azidose tritt daher bei Gesunden nicht auf.

Dennoch gibt es die These, der Körper könne in eine leichte Übersäuerung geraten, wenn wir uns permanent säurelastig ernähren. Mit der latenten Übersäuerung in Verbindung gebracht werden Müdigkeit, Erschöpfung, Bindegewebsschwäche, Sodbrennen, Übergewicht und vieles mehr, aber auch Erkrankungen wie Osteoporose, Rheuma, Gefäßerkrankungen, Nieren-, Blasen- und Gallensteine und sogar Krebs.

Da bei diesen Erkrankungen und Symptomen aber vielfältige Faktoren eine Rolle spielen, ist der Zusammenhang zu Säuren und Basen nicht vollständig geklärt.

Außerdem – nicht nur unser Essen, auch Stress lässt die Säurebelastung des Körpers steigen, ebenso exzessiver Sport ohne ausreichende Erholung. Nicht zuletzt spielt auch die Verdauungsleistung eine Rolle dabei, ob mehr Basen oder mehr Säuren aufgenommen werden.

Wie sind die Ernährungsempfehlung zu beurteilen?

Viel Fleisch, Wurst, Fertiggerichte, wenig Gemüse und Obst – das das nicht gesund ist, wissen die meisten – oder zu viel Zucker, Weißmehlprodukte und Alkohol. Dagegen gilt eine abwechslungsreiche, hauptsächlich pflanzliche Kost aus frischen Zutaten als gesund. So gesehen spiegeln die Vorgaben der basischen Ernährung die derzeitig wissenschaftlich anerkannten Empfehlungen für eine gesunde Ernährung wider. Mit ein paar kleinen Unterschieden:

Getreide, Hülsenfrüchte und Nüsse werden von der Basenkost häufig als säurebildend verurteilt. Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.) allerdings empfiehlt die drei Lebensmittel ausdrücklich für eine ausgewogene Ernährung. Auch Milchprodukte werden oft als säurebildend eingestuft. Joghurts und Co. wirken jedoch neutral. Auch sie sind wichtig für ein gesundes Darmmilieu und liefern wertvolle Nährstoffe.

Mein Fazit zur Basischen Ernährung:

Wer viel Gemüse, Kartoffeln, Salat, Kräuter, gesunde Fette und Obst isst, am besten frisch zubereitet und dazu reichlich Wasser trinkt, der unterstützt seine Gesundheit, ob in Bezug auf den Säuren-Basen-Haushalt oder in Anbetracht der Nährstoffe oder der Kalorien. Bei wem dann noch weniger Fleisch und Wurst, selten Süßes und Fastfood auf den Tisch kommen, der wird weder sauer werden, noch sonstige ernährungsbedingte Erkrankungen entwickeln. Dazu noch Milchprodukte und Vollkorn – so wird eine Mahlzeit ausgewogen und vielfältig.

Wer bereits bunt und abwechslungsreich isst, muss sich nicht um seinen Säure-Basen-Haushalt sorgen. Von zu strengen Vorgaben ohne vorherige professionelle Ernährungsberatung halte ich ohnehin wenig.

Trotzdem möchten wir uns ja im neuen Jahr irgendwie gesünder ernähren. Dieses Bedürfnis haben sicher die meisten von uns. Den größten Effekt erzielen allerdings nicht kurzfristige Interventionen, sondern Änderungen, die wir langfristig umsetzen können, die schmackhaft und praxistauglich sind. Besonders zwei einfache Empfehlungen tragen viel zur Gesundheit bei und eignen sich für einen guten Vorsatz:

Mehr Gemüse esse und viel Wasser trinken – klingt banal, ist aber für jeden richtig und wichtig – egal vor welchem Hintergrund betrachtet.